AI Overviews und maschinelle Übersetzungen: Googles neue Content-Strategie?
Google integriert zunehmend automatisch übersetzte Inhalte in seine AI Overviews – was bedeutet das für Sichtbarkeit, Content-Strategien und den DACH-Markt?
Seit einigen Wochen beobachten wir eine faszinierende Entwicklung in der Welt der Suchmaschinenoptimierung: Der Traffic auf translate.google.com verzeichnet einen signifikanten Anstieg.

Das wirklich Interessante daran ist die starke Korrelation dieses Anstiegs mit der weltweiten Verbreitung von Googles AI Overviews (AIOs). Steckt dahinter eine bewusste Strategie, um Informationslücken zu füllen und eine umfassendere Wissensbasis anzubieten?
Die Indizien sind deutlich: Seit Mai dieses Jahres rollt Google AI Overviews in Europa massiv aus. Nehmen wir Deutschland als Beispiel: Während im Mai noch 1,8 % aller SERPs (Search Engine Results Pages) einen AIO enthielten, waren es Anfang Juni bereits beeindruckende 11,22 %. Diese rasante Verbreitung wirft Fragen auf, insbesondere im Hinblick auf die Herkunft der in den AIOs präsentierten Informationen.

Parallel dazu konnten wir den erwähnten Traffic-Anstieg bei Google Translate beobachten, der stark mit der Ausbreitung der AIOs korreliert. Es liegt nahe, dass die vermehrte Nutzung maschineller Übersetzungen durch Google selbst eine Erklärung dafür liefert. Wie bereits in einem Artikel von Ahrefs ausführlich beleuchtet, können die von Google maschinell übersetzten Quellen nicht nur in AI Overviews erscheinen, sondern auch in Featured Snippets oder sogar direkt in den organischen Suchergebnissen. Diese übersetzten Quellen sind meist an einem kleinen Label erkennbar, das auf die Übersetzung hinweist.

Mithilfe von Ahrefs-Daten haben wir dieses Phänomen speziell für den deutschen Markt genauer untersucht. Wir analysierten 57.706 Keywords, um Muster zu erkennen. Übersetzte Domains werden dabei durch das Präfix https://translate.google.com/translate?u=
gekennzeichnet.

Unsere Analyse der Top-Domains, die in AIOs als Quelle angegeben und übersetzt wurden, liefert aufschlussreiche Einblicke in Googles Auswahlstrategie. Hier eine Auswahl der prominentesten Quellen (Anzahl der Vorkommen):

Es ist wichtig zu betonen, dass diese übersetzten Quellen nur in seltenen Fällen als alleinige Quelle genutzt werden. Doch ein entscheidendes Detail unserer Analyse ist bemerkenswert: Bei allen übersetzten Quellen, die wir für den deutschsprachigen Raum gefunden haben, handelte es sich ausschließlich um englischsprachige Domains. Es scheint, als würde Google die Annahme treffen, dass andere Sprachen weltweit keine vergleichbar wertvollen Informationen bieten, die es zu übersetzen lohnt. Dies könnte darauf hindeuten, dass Englisch als die primäre “Wissenssprache” für die AIOs angesehen wird, zumindest im Kontext der Lückenfüllung für den deutschen Markt.
Meistens bieten diese englischsprachigen Domains Inhalte, die im deutschsprachigen Raum in vergleichbarer Tiefe oder Breite kaum verfügbar sind – ein klares Indiz dafür, dass Google hier Informationslücken schließen möchte.
Die Liste der Top-Domains gibt Aufschluss darüber, welche Art von Informationen Google besonders häufig automatisiert übersetzt und in seinen AI Overviews einbindet:
- Enzyklopädien und Referenzwerke: Wikipedia (insbesondere die englische Version) führt die Liste an, gefolgt von Britannica, Merriam-Webster, Dictionary.com und Wiktionary. Dies sind umfassende Quellen für Allgemeinwissen und Definitionen.
- Gesundheits- und Medizinportale: Hochrangige Quellen wie die Cleveland Clinic, Healthline, Mayo Clinic und das NCBI (National Center for Biotechnology Information) sind ebenfalls prominent vertreten. Dies betrifft einen Bereich, in dem die Präzision der Informationen von hoher Bedeutung ist.
- Nachrichten, Unterhaltung und soziale Medien: Mit dem Times of India, IMDb, Reddit, Facebook, Instagram und Yahoo zeigt sich, dass auch aktuelle Ereignisse, Film- und Seriendaten, Forendiskussionen und Social-Media-Inhalte von der Übersetzungsfunktion erfasst werden.
- Support- und Unternehmensseiten: Die Präsenz von Apple Support und Microsoft Support deutet darauf hin, dass offizielle Hilfeseiten großer Konzerne ebenfalls übersetzt und in die AI Overviews integriert werden können.
- Wissenschaftliche Publikationen: ScienceDirect verdeutlicht, dass auch Inhalte aus akademischen und wissenschaftlichen Bereichen von dieser Praxis betroffen sind.
Um das Phänomen besser zu illustrieren, schauen wir uns zwei konkrete Suchanfragen an, die die Vielfalt der betroffenen Themen verdeutlichen:

Obwohl im DACH-Raum relevante Quellen vorhanden sind, fällt auf, dass auch eine englische Domain, zerotothree.org, als ergänzende Quelle in den AIOs erscheint. Gerade für den Bereich “Individuelle Entwicklung” wurde diese Quelle hinzugezogen.
Vergleicht man die übersetzte Quelle von Zero to Three mit einer typischen deutschen Quelle wie der von Ergobaby, fallen die Unterschiede auf:
- Die übersetzte Quelle von Zero to Three bietet eine spezifische Antwort auf eine konkrete Frage von Eltern (Baby krabbelt mit 8 Monaten nicht). Sie ist gezielt und beruhigend, aber weniger umfassend in der Darstellung der allgemeinen kindlichen Entwicklung und zudem ein älterer Beitrag (2016)
- Die deutsche Quelle von Ergobaby hingegen ist ein umfassenderer und in der Regel aktuellerer Entwicklungsleitfaden. Sie behandelt das durchschnittliche Alter, verschiedene Vorstufen und Krabbelstile, gibt praktische Förder- und Sicherheitstipps und empfiehlt, wann ein Arzt konsultiert werden sollte. Für die allgemeine Suchanfrage “Wann krabbeln Babys” bietet dieser Artikel eine deutlich breitere und detailliertere Informationsgrundlage. Aktualisiert wurde der Artikel zuletzt am 8. April 2025.


Die Beispiele “Wann krabbeln Babys” und “Phil Collins Krankheit” verdeutlichen, dass selbst in Bereichen wie der frühkindlichen Entwicklung übersetzte Inhalte in AI Overviews erscheinen können. Die Vielfalt der analysierten Keywords unterstreicht die umfassende Natur dieses Phänomens:
- 1.Personennamen und Popkultur: Suchanfragen zu Biografien (“Alana Martina dos Santos Aveiro”, “Katarina Witt Lebensgefährtin Wikipedia”) oder Entertainment-Inhalten (“Night Agent Staffel 3”) werden häufig über AI Overviews beantwortet, die auf übersetzten Quellen basieren.
- 2.Medizinische und gesundheitliche Begriffe: Keywords wie “Ramsay Hunt Syndrom” oder “Sertralin Gewichtszunahme” zeigen, dass auch komplexe medizinische Informationen betroffen sind.
- 3.Allgemeinwissen und Kurioses: Von “größte Spinne der Welt” über “was bedeutet womp womp” bis hin zu “getragene Socken verkaufen” – selbst für scheinbar einfache oder skurrile Anfragen können Nutzer auf Inhalte stoßen, die von Google übersetzt wurden.
- 4.Technische und wissenschaftliche Themen: “Webhook” oder “Ethereum Classic Prognose” verdeutlichen, dass auch Fachbereiche betroffen sind, in denen exakte Terminologie und aktuelles Wissen relevant sind.
Zwar sind die Keywords, die wir aktuell sehen, nicht für jede Domain relevant – außer man möchte für “bob tschigerillo” ranken –, dennoch sollten sie punktuell beobachtet werden.
Wohl kaum. Wie der Artikel von Ahrefs beleuchtet (siehe https://ahrefs.com/blog/google-is-stealing-your-international-search-traffic-with-automated-translations/), betrifft es eher Länder, in denen die Informationsdichte eigener Inhalte geringer ist. Google greift hier vermehrt auf übersetzte Inhalte zurück, um mit AIOs die Nutzeranfragen so gut es geht abzudecken.
Interessant wird es eher dann, wenn wir uns die Domains, die übersetzt werden, nochmals genauer anschauen. Immerhin 30 % der Top 21 Quellen, die Gemini (Googles KI-Modell) nutzt (laut Sistrix), sind auch unter den Top-Quellen, die in AIOs als übersetzte Quelle genutzt werden. Dies deutet auf eine tiefere Integration und Strategie hin, die über das bloße Füllen von Informationslücken hinausgehen könnte.

Für Content-Ersteller bedeutet dies, dass es weiterhin unerlässlich ist, hochwertige, umfassende und aktuelle Inhalte in der jeweiligen Landessprache zu produzieren. Wenn Sie eine Nische bedienen, die im deutschsprachigen Raum nur unzureichend abgedeckt ist, kann das aber auch eine Chance sein, selbst zur bevorzugten Quelle für Google zu werden. Die Rolle von maschinellen Übersetzungen in den Google-Suchergebnissen wird sich zweifellos weiterentwickeln. Es bleibt spannend zu beobachten, wie sich diese Entwicklung auf die Content-Landschaft und die Sichtbarkeit von Websites in verschiedenen Sprachräumen auswirken wird.
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